Wenn ich ein richtiger Mann sein möchte, muss ich die Frau in mir schätzen lernen und noch vielmehr alles zwischen den beiden Polen.
In unserer Gesellschaft wird von Richtung Vereinheitlichung und der dadurch entstehenden Ausgrenzung und Diskriminierung aktuell ein immer liberalerer Weg gegangen. In den 1960er Jahren wurde eine "sexuelle Revolution" angestoßen, die wie Volkmar Sigusch betont, von der „Neosexuellen Revolution“ in den Schatten gestellt werden wird.
Der Weg führt von einem binären Denken, in weiblich und männlich, in eine auf Diversität gerichtete Verankerung von Geschlechter - hin zu einer Geschlechtervielfalt, die viele Namen kennt: Androgyne, Androphil, Trigender, Transgender, Neutrois, Non-binary, Genderfluid, Genderqueer, Asexual ... um nur einige zu nennen. Magnus Hirschfeld (1868 – 1935), ein berliner Arzt und Sexualforscher, sah das Geschlecht als Kontinuum, „Der Mensch ist nicht Mann oder Weib, sondern Mann und Weib“. Das Denken rund um die Geschlechtlichkeit steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Normen und Konformitäten, die jede Person adaptieren oder verändern kann.
Trans*Identitäten und Geschlechtsnichtkonformitäten sind nicht erst mit dieser sexuellen Revolution bekannt, es gab sie schon immer. Jedoch gab und gibt es nach wie vor erhebliche Unterschiede in der Wahrnehmung und Integration in unterschiedlichen Gesellschaften. Viele Kulturen wie etwa die „Native Americans“ kennen ein „drittes“ Geschlecht – „Two-Spirit People“. Diese Menschen genießen ein hohes Ansehen, und haben einen besonderen Stellenwert innerhalb der Community. Ein Nachdenken über die Bedeutung von Klischees und Stereotypen ist wesentlich für die Vielfalt in unserer Gesellschaft.
Zwischen dem biologisch gesehen Männlichen und Weiblichen gibt es mehr Gleichheiten als Unterschiede. Wenn wir die genetische Struktur betrachten, können wir nur bei einem Chromosomenpaar einen Unterschied bemerken. Was meinen wir also, wenn wir vom Geschlecht sprechen - das soziale, das chromosomale, das gonadale, das genitale, das somatische, das soziale, das juristische oder doch das identitäre Geschlecht? In dieser Vielfalt der Unterscheidungen leben wir. Und es wird nicht einfacher – wenn wir die binär geprägte Denkweise als einfacher bezeichnen möchten. Mir gefällt ein von Diversität geprägtes Bild besser, das Platz und Toleranz schafft für das so sein können, wie eine Person es möchte.
Trans*Personen sind Menschen die sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei ihrer Geburt "zugewiesen" wurde, identifizieren. Dabei kann es sein, dass sie im anderen Geschlecht leben oder sich keinem Geschlecht (im binären Sinn) zuordnen möchten.
Eine Geschlechtsdysphorie, so aktuelle Studien, entsteht schon im Mutterleib. Sie zeigt sich oft schon in der frühen Kindheit. Wird aber oft auch erst spät von den Betreffenden selbst bemerkt. Dies ist auch von der Offenheit, der Sichtweise und der Denkweise des Umfelds abhängig.
Trans*Männer oder Trans*Frauen leben mit einer Diskrepanz bzw. Dysphorie – sie erleben ihren Körper nicht oder nur teilweise kongruent mit ihrer empfundenen geschlechtlichen Zuordnung oder Identität. Ihr Selbstbild stimmt mit dem, wie sie von anderen wahrgenommen werden nicht überein.
Seit Jahren gibt es Bestrebungen der Entpathologisierung, was zu einer Diskrepanz führt, denn nur Behandlungen von "krankheitswertigen Störungen" werden auch von der Krankenkasse finanziert.
Der Diagnoseverlauf zeigt dies eindringlich. Sind im ICD-10 (die aktuelle klinisch-diagnostische Leitlinie der WHO) die Störungen der Geschlechtsidentität im Kapitel der "Psychischen und Verhaltensstörungen" definiert, wird im vorrausichtlich 2022 erscheinenden ICD-11 nunmehr von einer Geschlechtsdysphorie gesprochen. Es wird nicht mehr dem Kapitel der "Psychischen und Verhaltensstörungen" zugeordnet. Der ICD-11 folgt dabei dem Modell des DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, das Diagnosemanual der USA) indem die Diagnose „Gender Identity Disorder“ durch „Gender Dysphoria“ ersetzt wurde.
Der Begriff Geschlechtsdysphorie ist dabei weiter gefasst als der Begriff Transsexualismus. Dabei kann auch der Wunsch bestehen einem Geschlecht anzugehören, das sich nicht eindeutig „Mann“ oder „Frau“ zuordnen lässt.
Der Begriff „Transsexualität“ wie er im ICD10 Verwendung findet, suggeriert die Notwendigkeit von geschlechtsangleichenden Maßnahmen. Diese präjudizierende Diagnose wird im ICD-11 entschärft. Es ist zurzeit nicht notwendig als Person mit einer Trans*Identität hormonelle oder chirurgische Veränderungen vorzunehmen. Dies ist ein weiterer Schritt der Entpathologisierung.
Die sexuelle Orientierung steht nicht mit einer Trans*Identität in Verbindung. Die sexuelle Vorliebe ist von der Person abhängig, sie kann sich allerdings im Zuge eines Transitionsprozesses verändern. Daher ist die Wahl des Begriffs Genderdysphorie passender, da im Begriff „Transsexuell“ die Frage um eine sexuelle Orientierung mitschwingt oder mitgedacht werden kann.
Menschen mit einer Trans*Identität steht es offen, sich in dem Geschlecht zu zeigen und ihren Alltag zu verbringen, das ihrer Identität entspricht. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten von geschlechtsangleichenden Maßnahmen, die mitunter hilfreich sind, um auch eine gesellschaftliche Akzeptanz erreichen zu können.
Menschen die im anderen Geschlecht, als ihnen bei der Geburt „zugewiesen“ wurde, leben möchten, haben ein Recht, ihre Geschlechtsidentität in ihren Urkunden zu vermerken. Eine Personenstandsänderung beim Standesamt ist mittlerweile unbürokratisch und die Kosten sind überschaubar. Benötigt wird eine Stellungnahme die eine mögliche Trans*Identität bestätigt und aus der glaubhaft hervorgeht, dass sich der Wunsch in einem anderen Geschlecht zu leben nicht oder sehr wahrscheinlich nicht ändern wird.
Das ist ein erster Schritt in dem Geschlecht, mit dem sich ein Mensch auch identifizieren kann, anerkannt zu leben. Vielen ist das auch schon genug und ihr Transitionsprozess endet vorerst.
Bei Anpassung von Mann zu Frau bzw. Frau zu Mann werden gegengeschlechtliche Hormone verabreicht. Die Medikation mit Hormonen hat teilweise Auswirkungen, welche nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Bei der Gabe des männlichen Hormons Testosteron ist eine Veränderung des Stimmapparats irreversibel. Die Stimmbänder werden länger und der Kehlkopf vergrößert sich. Die Stimme wird dadurch tiefer und entspricht eher dem Klangbild, das wir unter männlich verstehen. Bei Kindern ist die Gabe von Hormonen gebräuchlich, welche die sexuelle Entwicklung hemmen und die Pubertät verzögern.
Vor der Hormontherapie ist eine Stellungnahme von drei unabhängigen Personen unterschiedlicher Berufsgruppen (Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie) notwendig.
Auf Basis einer endokrinologischen Abklärung wird das Prozedere der Hormontherapie festgelegt.
Ist eine Hormontherapie erst einmal angelaufen, werden zum geeigneten Zeitpunkt die ersten geschlechtsangleichenden Operationen möglich. Diese sind nicht verpflichtend, jede Person entscheidet für sich, wie weit sie gehen möchte und inwieweit sie eine Geschlechtsangleichung wünscht. Auch hier benötigt es zwei Stellungnahmen – siehe auch Behandlungsempfehlungen (unter Downloads verfügbar).
Einen Überblick über das breite Feld der geschlechtsangleichenden Eingriffe an dieser Stelle zu bieten, würde den Umfang dieses Artikels sprengen. Es geht grundsätzlich um die chirurgische Anpassung an das erwünschte Geschlecht. Dabei werden Eingriffe an den äußeren wie an den inneren Geschlechtsteilen vorgenommen. Äußere sind etwa eine Mastektomie oder ein Brustaufbau, wenn das Ergebnis durch eine Hormontherapie unzureichend ist. Innere sind etwa Hyster- und Ovarektomie (Entfernung der Gebärmutter und/ oder der Eierstöcke). Teilweise werden auch ästhetische chirurgische Eingriffe von der Krankenkasse finanziert.
In den 1970er und 1980er Jahren war das Behandlungskonzept von der Annahme geprägt, dass Therapie eine „Versöhnung mit dem zugewiesenen Geschlecht“ ermöglichen könnte. Gesetzlich war es in jener Zeit Bedingung, die psychotherapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um eine Transition seitens der Krankenkasse finanziert zu bekommen.
Seit der Veröffentlichung der „Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen“ (Becker et al. 1997) hat sich die Rolle der Psychotherapie und deren Aufgabe verändert. Eine Psychotherapie ist für einen Transitionsprozess zu empfehlen, bei Erwachsenen jedoch keine Voraussetzung. Dabei ist es wesentlich als Therapeut* Therapeutin eine „neutrale Position“ einzunehmen.
Die Psychotherapie stellt einen Rahmen zur Verfügung, in der eine diagnostische Sicherheit erlangt werden kann. Mit dieser diagnostischen Sicherheit kann ein Transitionsprozess (rechtliche, soziale, geschlechtsangleichend hormonelle und/ oder operative Maßnahmen) gestartet werden. Die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Stellungnahme sehe ich in Konkurrenz zur eigentlichen Aufgabe der Psychotherapie. Die Abhängigkeit von der Stellungnahme führt oft zu Spannungen im Klienten* in der Klientin oder in der therapeutischen Beziehung bzw. setzt Personen unter Druck, die sich um eine Transition bemühen.
Als Psychotherapeut sehe ich meine Funktion in erster Linie in der Reflektion und Begleitung des Prozesses. Das unterscheidet sich jetzt nicht von dem Prozess einer Therapie mit Menschen, die mit einem anderen Anliegen in meine Praxis begeben. Jedoch tauchen spezifische Themen auf, die ich in Kürze darstellen möchte:
In manchen Fällen ist auch eine beraterische Tätigkeit notwendig oder nachgefragt:
Psychotherapie ist ein persönlicher Weg, bei dem Menschen Raum und Zeit haben eine Entscheidung zu treffen bzw. über ihre Entscheidung zu reflektieren.
Für Kinder und Jugendliche gibt es im Falle einer Geschlechtsdysphorie ein besonderes von den Behandlungsempfehlungen der Erwachsenen abweichendes Vorgehen. Insbesondere bei präpubertären Kindern gibt es eine Bandbreite an Entwicklungsverläufen und Erscheinungsformen, die in der Behandlung berücksichtigt werden müssen.
Schon im Alter von 2-4 Jahren kann eine Geschlechtsdysphorie bemerkbar sein, die mit Voranschreiten der Pubertät verschwinden kann. Oft kommt es in Zusammenhang einer Geschlechtsdysphorie zu internalisierten Störungen wie etwa Ängsten oder sozialen Phobien.
In der psychotherapeutischen Behandlung wird ein Raum geboten Kinder und Jugendliche in einer offenen Atmosphäre zu begleiten, ihre Bedürfnisse zu verstehen und diese der Umwelt zu kommunizieren. Die Diskrepanz, die entsteht, wenn der Wunsch im anderen Geschlecht zu leben auf die Erwartungen des Umfelds treffen, bringt Kinder und Jugendliche oft in emotionales Ungleichgewicht.
Neben der diagnostischen Einschätzung, zu der ich ambivalent stehe, ist die Auseinandersetzung mit dem Umfeld (Eltern, Bezugspersonen, Schule, …) ein wesentlicher Aspekt in der therapeutischen Bearbeitung.
Die Behandlung mit pubertätshemmenden Hormonen wird schon im frühen Alter empfohlen. Dadurch verbessert sich die Möglichkeit der Geschlechtsanpassung erheblich. Sind Geschlechtsmerkmale erst einmal entwickelt, benötigt es einen höheren meist chirurgischen Aufwand der Geschlechtsanpassung an das Geschlecht, mit dem sich der Mensch identifiziert.
Ein besonderes Augenmerk wird auf den Peer-Support, das Herstellen des Kontakts zu Selbsthilfegruppen und auf beratenden und unterstützenden Kontakt zu den Obsorgeberechtigten gelegt.
Die Informationen der Transambulanz stammen von der Homepage des Transgender Team Austria.
LKH Graz
Die Transambulanz in Graz, deren zentrale Stelle auf der Gynäkologie ist, über die die gesamte Organisation läuft, besteht seit 2015 und wurde von Dr. Bertholin y Galvez ins Leben gerufen, aufgebaut und geleitet. Die Ambulanz kümmert sich um die gesamte Geschlechtsangleichung von F>M, sowie um die regelmäßigen gynäkologischen Kontrollen bei bereits fertig operierten Transfrauen. Dr. Laback ist Teil des Teams der Transambulanz. Die endokrinologische Betreuung findet in der internen oder gynäkologischen Abteilung statt (bei Dr. Bertolin y). Frau Dr. Stiegler kümmert sich ebenfalls um die Hormonbehandlung , sie ist Ansprechperson für die Transfrauen (Stand Oktober 2021).
Öffnungszeiten und Kontakt
Terminvereinbarung für die Plastische Ambulanz (Dr. Laback) für die Penoid Aufbau OP – Montag bis Freitag unter der
Tel. Nr.: +43 316/385-87772
Terminvereinbarung für die Gyn Ambulanz (FtM Betreuung) (Ambulanz Mi und Do)
Hormontherapie, alle OPs bis auf Aufbau OP – Dr. Marie Bertolin Y
Tel. Nr.: +43 316 / 385 – 83006
Terminvereinbarung für die Endokrinoligie (MtF Betreuung)
Hormontherapie – Frau Dr. Stiegler / Dr. Stefan Pilz
per Fax: +43 316 / 385 – 14724 (für die Erstvorstellung bitte Überweisung vom Hausarzt oder beigefügtes Formular mitsenden)
Curage ist eine Beratungsstelle für gleichgeschlechtliche und transGender Lebensweisen - Link zur Homepage
Plüddemanngasse 39
8010 Graz
Tel. 0699/166 166 62
RosaLila PantherInnen - (homo.at)